ZEITSPIEL Geschichte. Ausgabe #05
100 Jahre Copa América - eine kurze Geschichte
(Von Hardy Grüne)
Europa steckt mitten im Ersten Weltkrieg, als im Juli 1916 in Buenos Aires Fußballgeschichte geschrieben wird. Zum weltweit ersten Mal kämpfen Nationalmannschaften um den Titel eines kontinentalen Meisters. Uruguay gewinnt das Turnier, an dessen Ende die Gründung des südamerikanischen Kontinentalverbandes CONMEBOL steht.
Die Copa América – bis 1975 Campeonato Sudamericano – wird zum gefeierten Erfolgsprodukt, das den Fußball auf dem ganzen Kontinent verbreitet und etabliert. In den 1920er Jahren spielt man alljährlich um die Trophäe, steigen Ballkünstler wie Héctor Scarone, Arthur Friedenreich, José Nasazzi oder José Leandro Andrade zu Helden ganzer Generationen auf. Beim olympischen Fußballturnier 1924 in Paris verzaubern Südamerikas Fußballer dann erstmals auch das Weltpublikum und demonstrieren, wie sehr ihr Vorsprung in Sachen Spielkultur und Taktik gegenüber der Konkurrenz aus Europa angewachsen ist.
Bis Mitte der 1950er Jahre bleibt das „Sudamericano“ fester Bestandteil im kontinentalen Fußballkalender, ehe das Turnier im Zuge politischer Turbulenzen und veränderter Anforderungen im globalen Profifußball an Bedeutung verliert und zwischen 1967 und 1975 gar nicht ausgespielt wird.
100 Jahre nach dem Auftaktturnier zeigt die Copa América heute ein völlig anderes Antlitz, und das legendäre Flair ist nur noch Nostalgie. Was bleibt, sind all die Legenden von großen Fußballhelden, spektakulären Turnieren und sagenhaften Begleitumständen.
Die 45 Copa-América-Turniere der ersten 100 Jahre
1916 Uruguay
Extraordinario. 2.-17.7.1916. Argentinien (Buenos Aires)
Beim Debütturnier schnappte Uruguay Gastgeber Argentinien den Triumph vor der Nase weg. Nach dem 1:1 gegen Brasilien kam die heimische „albiceleste“ im Abschlussspiel vor 17.000 Zuschauern im Racing-Stadion in Avellaneda nicht über ein 0:0 gegen den zuvor ungeschlagenen Nachbarn hinaus. Das Spiel fand mit einem Tag Verspätung statt, da zum ursprünglich angesetzten Termin im Gimnasia-y-Esgrima-Stadion zu viele Zuschauer gekommen waren. Als die Partie nach fünf Minuten abgebrochen wurde, setzten wütende Fans eine Tribüne in Brand und es kam zu chaotischen Zuständen. Brasilien enttäuschte und klagte über „fehlenden Sportsgeist der Konkurrenz“.
1917 Uruguay
30.9.-14.10.1917. Uruguay (Montevideo)
Mit einem 1:0 im entscheidenden letzten Gruppenspiel über Argentinien verteidigte Uruguay auf eigenem Boden seinen Titel. Torschütze vor 40.000 Zuschauern im Parque Pereira war der junge Héctor Scarone. Argentiniens Auswahl bestand ausschließlich aus Amateuren, weshalb das Team zwischenzeitlich nach Buenos Aires zurückkehren musste, um der Arbeit nachzugehen. Weil der Zug zum finalen Gruppenspiel in Montevideo erhebliche Verspätung hatte, kam man erst unmittelbar vor dem Anstoß am Spielort an.
1919 Brasilien
11.-29.5.1919. Brasilien (Rio de Janeiro)
Brasilien war 1919 Gastgeber des dritten Turniers. Eigentlich hatte es schon 1918 in der damaligen brasilianischen Hauptstadt stattfinden sollen, war jedoch wegen einer Grippewelle abgesagt worden. Das neugebaute Laranjeiras-Stadion des aristokratischen Spitzenklubs Fluminense war mit 26.000 Besuchern bestens gefüllt, als sich der Gastgeber im wegen Punktegleichstand notwendigen Entscheidungsspiel mit 1:0 über Pokalverteidiger Uruguay durchsetzte. Der argentinische Schiedsrichter Juan Pedro Barbera ließ nach Ablauf der 90 Minuten beim Stande von 0:0 nicht 2x15, sondern 2x30 Minuten weiterspielen, weshalb die Partie insgesamt 150 Minuten dauerte. Torschütze war in der 122. Minute Arthur Friedenreich.
1920 Uruguay
11.9.-3.10.1920. Chile (Viña del Mar bzw. Valparaíso)
Ins mondäne Seebad Valparaíso in Zentralchile führte die Reise beim vierten Sudamericana-Turnier – wobei die Spiele tatsächlich im nahegelegenen Viña del Mar ausgetragen wurden. Die Vergabe folgte dem Vorhaben, das Turnier künftig unter den CONMEBOL-Mitgliedern rotieren zu lassen. Die uruguayische „celeste“ um José „el maestro“ Piendibene gewann zum dritten Mal in vier Jahren, während Titelverteidiger Brasilien mit nur einem seiner Copa-Sieger von 1919 anreiste und ebenso enttäuschte wie Gastgeber Chile.
1921 Argentinien
2.-30.10.1921. Argentinien (Buenos Aires)
Endlich der erste Copa-Sieg für Argentinien! Das entscheidende Schlussspiel gegen Uruguay gewann die „albiceleste“ vor 35.000 Zuschauern im Estadio Sportivo Barracas dank eines Treffers von Julio Libonatti, Goalgetter der Newell’s Old Boys aus Rosario. Libonatti sollte 1925 als erster von vielen Argentiniern nach Italien wechseln und in Turin Karriere machen. Überraschungsteam des Turniers war der vom Argentinier José Durand Laguna trainierte Debütant Paraguay, der mit seinem körperbetonten und von Halbstürmer Fleitas Solich angekurbelten Spiel u.a. den dreifachen Copa-Sieger Uruguay bezwang (2:1).
1922 Brasilien
17.9.-22.10.1922. Brasilien (Rio de Janeiro)
Anlässlich des 100. Jahrestages der Unabhängigkeit Brasiliens fand die sechste Copa in Rio de Janeiro statt. Erstmals nahmen fünf Teams teil. Ohne seinen verletzungsbedingt fehlenden Goalgetter Friedenreich tat sich die „seleção“ schwer. Am Ende lagen Brasilien, Uruguay und Paraguay gleichauf an der Spitze. Uruguay verzichtete auf die Teilnahme an der Entscheidungsrunde, weil man der Ansicht war, der Schiedsrichter habe der „celeste“ beim 0:1 gegen Paraguay zwei Treffer zu Unrecht aberkannt. Das fällige Entscheidungsspiel gewann Brasilien souverän gegen Bürgerkriegsland Paraguay.
1923 Uruguay
28.10.-2.12.1923. Uruguay (Montevideo)
Der Parque Central des CF Nacional war Schauplatz der siebten Copa, und Nacional stellte auch das Gros jener „celeste“, die sich mit drei Siegen in drei Spielen souverän durchsetzte. Im Siegerteam stand mit José Nasazzi allerdings auch ein Talent vom „kleinen“ Bella Vista AC, der zu einem der größten Spieler Uruguays aufsteigen sollte. Den 1:0-Führungstreffer beim entscheidenden 2:0 über Argentinien erzielte Pedro „Perucho“ Petrone, der später im italienischen Florenz zum Profi wurde. Mit ihrem Erfolg qualifizierte sich die „celeste“ gleichzeitig für das olympische Fußballturnier 1924 in Paris.
1924 Uruguay
12.10.-2.11.1924. Uruguay (Montevideo)
Zum fünften Mal ging Uruguay als Sieger hervor, und zum ersten Mal fand die Copa zweimal in Folge am selben Ort (Montevideo) statt. Eigentlicher Gastgeber war Paraguay, doch in Asunción konnte man weder ein geeignetes Stadion noch genügend Hotelkapazitäten vorweisen. So übernahm Uruguay die Durchführung, während man in Asunción von den Turniereinnahmen immerhin später das Estadio de Sajonia zum Nationalstadion ausbauen konnte. Als frischgebackener Olympiasieger wurde Uruguay seiner Favoritenrolle gerecht und feierte im Schlussspiel gegen Argentinien (wegen verbandsinterner Streitigkeiten ohne River-Plate-Spieler angereist) mit einem torlosen Unentschieden den fünften Pokalsieg. Die Siegesfeier war von gewaltsamen Ausschreitungen überschattet.
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1925 Argentinien
29.11.-25.12.1925. Argentinien (Buenos Aires)
Lediglich drei Verbände entsandten ihre Teams nach Buenos Aires, und weil auch Titelverteidiger Uruguay fehlte, hatte Argentinien leichtes Spiel, um sich zum zweiten Mal die Copa zu sichern. Im entscheidenden Schlussspiel gegen Brasilien brachte Arthur Friedenreich die „seleção“ bei seiner letzten Copa-Teilnahme zwar in Führung, am Ende reichte Argentinien aber ein 2:2. Das Siegerteam bestand überwiegend aus Akteuren jener Boca-Juniors-Elf, die im Sommer auf einer langen Europatournee Furore gemacht hatte.
1926 Uruguay
12.10.-3.11.1926. Chile (Santiago de Chile)
Während Brasilien fehlte, kassierte Debütant Bolivien im Nachbarland Chile in vier Spielen gleich 24 Tore. Einmal mehr überragend Uruguay, dessen „celeste“ sich auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft befand. Mit Héctor Castro war ein weiteres Ausnahmetalent aufgerückt, das trotz Behinderung – er hatte als Teenager bei einem Unfall mit einer Säge einen Unterarm verloren – Fußball wie von einem anderen Stern spielte. 17 Tore in vier Spielen ließen nie einen Zweifel am sechsten Copa-Sieg der „celeste“ aufkommen. Gefeiert wurde aber auch der Chilene David Arellano, der mit sieben Treffern Torschützenkönig wurde. Ein knappes Jahr später sollte der Colo-Colo-Spieler einer auf einer Gastspielreise durch Spanien zugezogenen Verletzung erliegen.
1927 Argentinien
30.10.-27.11.1927. Peru (Lima)
Zwei Jahre nach Gründung eines Nationalverbandes war Peru sowohl Debütant als auch Gastgeber, konnte bei seinem Debüt aber nur Nachbar Bolivien bezwingen. Argentinien schickte nach Beilegung seiner internen Verbandskonflikte endlich wieder die stärkste Auswahl und sicherte sich prompt seinen dritten Copa-Triumph, der verbunden war mit der Qualifikation für das olympische Fußballturnier 1928 in Amsterdam. Die Anreise nach Lima war abenteuerlich gewesen. Während Uruguay den Kontinent per Boot quasi umrundete, reiste Argentinien in einer wilden Kombination aus Bahn, Bus und Schiff an. Brasilien, Paraguay und Chile verzichteten von vorneherein auf die Teilnahme. Mit 6,17 Treffern pro Spiel gab es einen neuen Torrekord, der nicht zuletzt der 1925 geänderten Abseitsregel zuzuschreiben war.
1929 Argentinien
1.-17.11.1929. Argentinien (Buenos Aires, Avellaneda)
Wegen der Olympischen Spiele wurde die turnusgemäße Sudamericana 1928 auf November 1929 verschoben. Gastgeber war Buenos Aires, mit Brasilien glänzte erneut ein großer Name durch Abwesenheit. Das entscheidende Duell um den Gesamtsieg wurde zur Neuauflage des olympischen Finales von 1928. Vor 60.000 Zuschauern im gewaltigen Estadio de San Lorenzo revanchierte sich Argentinien für seine Niederlage von Amsterdam und sicherte sich zum vierten Mal „la Copa“. Uruguays „maravilla negra“ José Leandro Andrade nahm nach vielen herausragenden Jahren seinen Abschied von der großen Fußballbühne.
1935 Uruguay
Extraordinario, 6.-27.1.1935. Peru (Lima)
Mehr als fünf Jahre waren seit dem letzten Turnier vergangen, als es in Peru zur Neuauflage als „extraordinario“-Turnier aus Anlass des 400. Geburtstags von Lima kam. Hintergrund der Pause war der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Uruguay und Argentinien nach dem WM-Finale 1930. In harten Verhandlungen war es Peru gelungen, den Streit beizulegen. Die beiden Rivalen hatten gegen Peru und Chile jeweils gewonnen, als sie im letzten Gruppenspiel um den Gesamtsieg stritten. Uruguays „Olympische Generation“ um José Nasazzi feierte mit einem 3:0 ihren letzten großen Triumph. Gastgeber Peru um seinen Stürmerstar Teodoro „Lolo“ Fernández qualifizierte sich als Dritter für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, und Chiles Enrique Sorrel wurde zum weltweit ersten Einwechselspieler, als er beim 1:4 gegen Argentinien für Arturo Carmona aufs Feld kam.
1937 Argentinien
27.12.1936-1.2.1937. Argentinien (Buenos Aires)
Erstmals waren sechs Teams dabei, und erstmals wurden auch Spiele unter Flutlicht ausgetragen, um die im Januar üblichen hochsommerlichen Temperaturen erträglicher zu gestalten. Nachdem Gastgeber Argentinien das prestigeträchtige Nachbarschaftsderby gegen Uruguay mit 2:3 verloren hatte, brauchte man im Abschlussspiel gegen Brasilien einen Sieg, für den Enrique García mit seinem Treffer in der 48. Minute auch sorgte. Das fällige Entscheidungsspiel gegen die „seleção“ entschied der erst 17-jährige Vicente de la Mata mit zwei Treffern in der Verlängerung vor 60.000 Zuschauern quasi im Alleingang. Kurios: Brasilien hatte zweimal in argentinischen Vereinsdressen auflaufen müssen: beim 3:2 gegen Peru in dem von Independiente und beim spektakulären 6:4 gegen Chile in dem von Boca Juniors.
1939 Peru
15.1.-12.2.1939. Peru (Lima)
Der vorgesehene Jahresturnus konnte erneut nicht eingehalten werden, weil die Einführung des Profifußballs in einigen Ländern für Terminprobleme sorgte. Zum dritten Mal fungierte Peru als Gastgeber und begrüßte mit Ecuador einen Debütanten. Von Beginn an entwickelte sich ein Zweikampf zwischen Uruguay und dem vom Engländer Jack Greenwell trainierten Gastgeber, der schließlich nach einem 2:1 im direkten Aufeinandertreffen vor 15.000 Fans im Nationalstadion von Lima zum ersten Mal die Copa überreicht bekam. Perus Team entsprach jenem, das 1936 unter skandalösen Umständen bei den Olympischen Spielen gegen Österreich ausgeschieden war. Für Chile debütierte mit Sergio „Sapo“ Livingstone ein Torsteher, der heute mit 34 Einsätzen (bis 1953) Rekordspieler der Copa ist.
1941 Argentinien
Extraordinario. 2.2.-4.3.1941. Chile (Santiago de Chile)
Aus Anlass des 400. Jahrestages der Gründung von Santiago de Chile lud Chile zu einem inoffiziellen Turnier ohne Pokalvergabe ein und schuf dafür mit dem Estadio Nacional eine Spielstätte, die bis heute die meisten Copa-América-Spiele gesehen hat (76). Nach einem 5:0 über Ecuador und einem 1:0 über Titelverteidiger Peru waren die euphorisierten Gastgeber gegen Uruguay (0:2) und dem verlustpunktfreien Gesamtsieger Argentinien (0:1) jedoch chancenlos. 70.000 Zuschauer sorgten im „Finale“ gegen die „albiceleste“ immerhin für einen neuen Zuschauerrekord.
1942 Uruguay
10.-22.1.1942. Uruguay (Montevideo)
Während Europa bzw. die Welt immer tiefer im Krieg versank und sämtliche internationalen Fußballturniere ausfielen (1942 wäre WM-Jahr gewesen), erreichte die Sudamericano bei ihrer 17. Auflage einen neuen Höhepunkt. Mit sieben Teams wurde ein neuer Teilnehmerrekord verbucht, und auch die Zuschauerresonanz war enorm. Zum entscheidenden Abschlussspiel des Gastgebers gegen Argentinien strömten über 70.000 Fans ins Estadio Centenario und feierten einen 1:0-Sieg ihrer „celeste“, die damit auch im 38. Copa-Spiel auf eigenem Platz ohne Niederlage blieb. Für einen „ewigen“ Torrekord sorgte der Argentinier José Manuel Moreno, der beim 12:0 über Ecuador fünfmal traf.
1945 Argentinien
Extraordinario. 14.1.-28.2.1945. Chile (Santiago de Chile)
Abermals ein inoffizielles Turnier ohne Pokalvergabe, bei dem Kolumbien sein Copa-Debüt feierte. Deftige Niederlagen gegen Brasilien (0:3), Uruguay (0:7) und Argentinien (1:9) ließ „los cafeteros“ („Die Kaffee-Kicker“) allerdings reichlich Lehrgeld zahlen. Sämtliche Spiele wurden im Nationalstadion von Santiago ausgetragen, wo beim Abschlussspiel zwischen Brasilien und Chile (1:0) 80.000 Zuschauer für eine neue Rekordkulisse sorgten. Bereits drei Tage zuvor hatte sich Argentinien mit einem 1:0 über Uruguay vorzeitig die Trophäe gesichert. Es war der erste von drei aufeinanderfolgenden Erfolgen für die von Ex-WM-Held Guillermo Stábile trainierte „la máquina“ („Die Maschine“).
1946 Argentinien
Extraordinario. 12.1.-10.2.1946. Argentinien (Buenos Aires)
Abermals vermochte der argentinischen „albiceleste“ um ihre legendäre Sturmreihe Vicente de la Mata, Norberto Méndez, Adolfo Pedernera, Angel Labruna und Félix Loustau niemand das Wasser zu reichen. 17 Tore in fünf Spielen und ganze drei Gegentreffer sorgten für eine souveräne Titelverteidigung. Im Abschlussspiel erzielte Norberto Méndez beim 2:0 über Brasilien vor 80.000 Zuschauern im nagelneuen Estadio Monumental von River Plate beide Treffer. Während Abwehrspieler Domingos da Guía anschließend seinen Abschied nahm, ragten mit Ademir und Zizinho zwei designierte WM-1950-Helden aus der „seleção“ heraus.
1947 Argentinien
30.11.-23.12.1947. Ecuador (Guayaquil)
Zum dritten Mal in Folge hieß der Sieger Argentinien, und diesmal war es sogar ein offizielles Turnier mitsamt Pokalübergabe. Als Gastgeber fungierte erstmals Ecuador, das mit acht Teams einen bis 1975 bestehenden Teilnehmerrekord verbuchte. Argentinien befand sich auf dem Zenit seines Könnens und konnte es sich sogar erlauben, Größen wie de la Mata, Pedernera und Martino daheim zu lassen. Erstmals dabei war der junge Alfrédo Di Stéfano, dem sechs Turniertore gelangen. Kantersiege gegen Bolivien (7:0) sowie Paraguay und Kolumbien (jeweils 6:0) ebneten dem Titelverteidiger frühzeitig den Weg zum bis heute einzigen „Tricampeón“ der Copa-Geschichte (die inoffiziellen Titel 1945 und 1946 wurden von der CONMEBOL nachträglich anerkannt).
1949 Brasilien
3.4.-11.5.1949. Brasilien (Rio de Janeiro, São Paulo, Santos, Belo Horizonte)
Nach 27 Jahren Pause lud Brasilien erstmals wieder zur Sudamericano – und das ein Jahr vor der WM 1950 am Zuckerhut. Titelverteidiger Argentinien fehlte, weil die nationale Meisterschaft in ihrer entscheidenden Phase steckte und man die Nationalspieler nicht abziehen wollte. Uruguay entsandte lediglich ein Amateurteam, da die Profis streikten. Brasilien nutzte die Gelegenheit und schoss sich mit 46 Toren in acht Spielen (5,75 pro Partie, bis heute Rekord) für die WM warm. Dennoch brauchte die „seleção“ nach einer 1:2-Niederlage gegen das Überraschungsteam aus Paraguay ein Entscheidungsspiel gegen denselben Gegner, das souverän mit 7:0 gewonnen wurde. Bemerkenswert Bolivien, das vier seiner sieben Spiele gewann.
1953 Paraguay
22.2.-1.4.1953. Peru (Lima)
Wie schon 1924 konnte Gastgeber Paraguay das Turnier auch diesmal nicht selbst durchführen, weil die Infrastruktur in Asunción den Anforderungen nicht genügte. Peru übernahm gerne, zumal in Lima just das neue Nationalstadion seine Pforten geöffnet hatte. Argentinien fehlte abermals, weil viele der großen Stars in die „wilde Profiliga“ nach Kolumbien gewechselt und für FIFA- bzw. CONMEBOL-Veranstaltung gesperrt waren. Zum Überraschungsteam avancierte wie schon 1949 Paraguay. Die „Guaraníes“ um den späteren Trainer Helenio Herrera, Regisseur Angel Berni sowie Juan Ángel Romero („el poeta de la zurda“, „der Poet mit der linken Hand“) erzwangen mit ihrem 2:1 im letzten Gruppenspiel gegen Brasilien ein Entscheidungsspiel gegen die „seleção“, und trugen sich daraufhin mit einem 3:2 als fünfter Sieger in die Copa-Annalen ein.
1955 Argentinien
27.2.-30.3.1955. Chile (Santiago de Chile)
Erstmals seit 1947 war Argentinien wieder dabei und sicherte sich prompt zum zehnten Mal die Copa-Trophäe. Mit Rodolfo Micheli, Carlos José Cecconato, Ricardo Bonelli, Ernesto Grillo und Osvaldo Héctor Cruz kam die komplette Sturmreihe von den „Roten Teufeln“ des CA Independiente, als die „albiceleste“ mit einem 5:3 über Titelverteidiger Paraguay einen Traumstart feierte und beim 6:1 über Uruguay (der 37-jährige Ángel Labruna traf drei Mal) Fußballgeschichte schrieb. Auch Gastgeber Chile um die beiden früheren England-Profis Eduardo und Jorge Robledo konnte das argentinische Bollwerk im Abschlussspiel vor 65.000 Zuschauern nicht durchbrechen. Das Finale war überschattet von einem tragischen Zwischenfall, als Zuschauer vor dem Anpfiff die Stadiontore stürmten und fünf Tote zu beklagen waren.
1956 Uruguay
Extraordinario. 21.1.-15.2.1956, Uruguay (Montevideo)
Eins scheint sicher in der Copa-Historie: wenn Uruguay ein Turnier ausrichtet, dann gewinnt die „celeste“ es auch. So wie 1956, als der Sieg im inoffiziellen Turnier ohne Pokalvergabe an die Elf von Trainer Hugo Bagnulo ging. Das Turnier markiert den Beginn eines neuen Fußballzeitalters: das der Defensive. Ein Jahr zuvor waren in Chile 73 Tore in 15 Spielen gefallen – mithin 4,68 im Schnitt. Nun sahen die Fans lediglich 38 in ebenso vielen Partien – ein kümmerlicher Schnitt von 2,53. Sieger Uruguay kam mit ganzen neun Treffern in fünf Spielen auf neun Punkte und sicherte sich mit einem Minimal-1:0 über Argentinien Copa-Triumph Nummer neun.
1957 Argentinien
7.3.-3.4.1957. Peru (Lima)
Einmal mehr war Argentinien eine Klasse für sich, und einmal mehr war es einer ebenso phantastischen wie blutjungen Angriffsreihe zu verdanken, die Trainer Guillermo Stábile da aus dem Hut gezaubert hatte. Omar Sívori (19), Antonio Angelillo (17) und Humberto Maschio (20) erwarben sich mit 20 Toren in nur sechs Spielen den Beinamen „Trio de la Muerte“ („Dreieck des Todes“) und legten mit ihren Treffern den Grundstein für den Turniersieg. Mit einem abschließenden 3:0 gegen Brasilien besiegelte die „albiceleste“ ihren elften Copa-Triumph eindrucksvoll. Doch die Freude sollte den Argentiniern bald vergehen, denn zum Jahresende wechselte das „Trio de le Muerte“ geschlossen nach Italien und ließ sich dort nationalisieren.
1959/1 Argentinien
7.3.-4.4.1959. Argentinien (Buenos Aires)
Zum siebten Mal war Buenos Aires Gastgeber eines Turniers, und die nach den Verlusten von Sívori, Angelillo und Maschio sowie der bitteren Pleite bei der WM 1958 neuformierte „albiceleste“ enttäuschte ihre Fans nicht. Vom 1957er Erfolg war lediglich noch Außenstürmer Oreste Corbatta dabei, als Argentinien nach fünf Siegen in fünf Spielen und einem 1:1 gegen Brasilien im Abschlussspiel vor 85.000 Zuschauern im Estadio Monumental erneut die Trophäe überreicht bekam. Dass es der letzte Erfolg bis 1991 sein würde, ahnte damals wohl niemand. Zu seinem ersten (und auch einzigen) Copa-Turnier kam Brasiliens Jungstar Pelé, der mit acht Treffern Torschützenkönig wurde. Die von WM-1930-Held Héctor Scarone trainierte uruguayische „celeste“ enttäuschte mit vier Niederlagen und war zudem an einem von Gewalt überschatteten Spiel gegen Brasilien beteiligt.
1959/2 Uruguay
Extraordianario. 5.-22.12.1959. Ecuador (Guayaquil)
Zum ersten und auch einzigen Mal kam es 1959 gleich zu zwei Turnieren, wobei das in Ecuador ausgetragene ein „Extraordinario“ ohne Pokalvergabe war. Anlass war die Eröffnung des Estadio Modelo in der Hafenstadt Guayaquil. Fünf Teams folgten der Einladung, wobei Brasilien lediglich eine Auswahl des Bundesstaates Pernambuco schickte. Uruguay zeigte sich gut erholt von seiner Frühjahrspleite und legte mit einem 5:0 gegen Argentiniens wankelmütige „albiceleste“ den Grundstein zum Sieg. Für Gastgeber Ecuador lief u.a. Alberto Spencer auf, der später zu Peñarol wechselte und bis heute die Torschützenliste der Copa Libertadores anführt.
1963 Bolivien
10.-31.3.1963. Bolivien (Cochabamba, La Paz)
Zum ersten Mal gastierte die Sudamericano auf der Altiplano-Hochebene von Bolivien. Unter dem brasilianischen Trainer Danilo Alvim sorgten die heimischen „los Altiplanicos“ für eine der größten Sensationen der Turniergeschichte, als sie nach spektakulärem 4:4-Auftakt gegen Ecuador nacheinander Kolumbien (2:1), Peru (3:2), Paraguay (2:0), Argentinien (3:2) sowie im Abschlussspiel Weltmeister Brasilien (5:4) besiegten. Freilich war Argentinien mit einer Reserveelf in den mit 3.650 Metern höchstgelegenen Regierungssitz der Welt gereist, hatte Brasilien ausschließlich Spieler aus dem Bundesstaat Minas Geras entsandt, fehlten mit Uruguay und Chile zwei „Große“. Es ist dennoch der bis heute größte Erfolg der bolivianischen Fußballgeschichte.
1967 Uruguay
17.1.-2.2.1967. Uruguay (Montevideo)
Turnier in Uruguay, Turniersieger Uruguay. Wie schon fünf Mal zuvor ließ die „celeste“ auch diesmal nichts anbrennen. Der Gastgeber trat mit jenem körperbetonten und strengen Fußball auf, der „garra charrúa“ („entschlossene Kralle“) genannt wurde und im Vorjahr bei der WM in England für Entsetzen gesorgt hatte. Das Team von Trainer Juan Carlos Corazzo arbeitete sich förmlich durch das Turnier und sicherte sich mit einem 1:0 im Abschlussspiel gegen Nachbar Argentinien (Torschütze Pedro Virgillo Rocha in der 74. Minute) seinen elften Copa-Titel. Cupverteidiger Bolivien fehlte offenbar die Höhenluft von La Paz, denn nach fünf Spielen fuhr man mit nur einem Punkt und null Toren wieder heim. Mit Debütant Venezuela war das CONMEBOL-Mitgliederfeld endlich verkomplettiert.
1975 Peru
20.7.-28.10.1975. Hin- und Rückspiele ohne Gastgeber
Nach acht Jahren Pause kam es zwar zur Wiederaufnahme des Wettbewerbs, der jedoch nur noch ein Schatten seiner selbst war. Aus finanziellen Gründen wurden die Spiele statt im Endturnier in Hin- und Rückspielen in den jeweiligen Ländern ausgetragen. Die Sieger der drei Dreiergruppen qualifizierten sich ebenso wie Titelverteidiger Uruguay für das Halbfinale. Gesamtsieger wurde Peru um Barça-Star Hugo Sotil, der beim 1:0 im Entscheidungsspiel gegen Kolumbien das Tor des Tages erzielte.
1979 Paraguay
1.8.-22.12.1979. Hin- und Rückspiele ohne Gastgeber
Wie sehr der einst populärste Fußballwettbewerb Südamerikas nach seiner langen Pause an Bedeutung verloren hatte, zeigte sich an den nur noch aus Nachwuchsspielern bestehenden Teams aus Argentinien, Brasilien und Uruguay. Immerhin war ein angehender Weltstar dabei: Diego Armando Maradona, der am 8. August 1979 beim 3:0 der „albiceleste“ über Bolivien sein Copa-Debüt gab und in der 65. Minute zum Endstand traf. Während Argentinien dennoch bereits in der Vorrunde rausflog, sicherte sich die Auswahl Paraguays um Roberto Fernández, Carlos Kiese und Hugo Talavera zum zweiten Mal nach 1953 den Gesamtsieg.
1983 Uruguay
1.9.-4.11.1983, Hin- und Rückspiele ohne Gastgeber
Nach den Underdogsiegen 1975 (Peru) und 1979 (Paraguay) standen sich 1983 mit Uruguay und Brasilien wieder zwei der „Großen“ im entscheidenden Duell gegenüber. Die „celeste“ um Enzo Francescoli und Carlos Aguilera legte schon im Hinspiel mit einem 2:0 in Montevideo den Grundstein für ihren zwölften Copa-Sieg, den sie sich eine Woche später mit einem 1:1 in Brasilien endgültig einsackte.
1987 Uruguay
27.-6.-5.7.1987, Argentinien (Buenos Aires, Córdoba, Rosario)
Nachdem sich der neugewählte Präsident Nicolás Leoz aus Paraguay auf dem CONMEBOL-Kongress 1986 mit seinen Reformplänen durchgesetzt hatte, kehrte die Copa América zum ursprünglichen System mit Endturnier und Veranstalterland zurück. Die Teilnahme für die zehn Konföderationsmitglieder war nunmehr verpflichtend, die Austragung wurde nach dem Rotationsverfahren geregelt. Argentinien machte den Anfang, kassierte aber im Halbfinale eine bittere 0:1-Niederlage gegen Nachbar Uruguay, der sich auch im Finale gegen Überraschungsteam Chile durchsetzte und mit seinem 13. Triumph seit 1916 zum Rekordsieger wurde. Das Finale vor 20.000 Zuschauern im River-Plate-Stadion war überschattet von Ruppigkeiten auf beiden Seiten; Schiedsrichter Romualdo Arppi Filho aus Brasilien zückte gleich viermal die rote Karte. Positivüberraschung war die spielstarke kolumbianische Mannschaft um ihren charismatischen Torsteher René Higuita sowie den blondgelockten Carlos „el pibé“ Valderrama.
1989 Brasilien
1.-16.7.1989. Brasilien (Goiania, Recife, Río de Janeiro, Salvador)
Seit 1949 hatte Brasilien kein Copa-Turnier mehr organisiert, und das 75. Verbandsjubiläums des CBF schien der perfekte Zeitpunkt für eine Rückkehr des Turniers ins Land des inzwischen dreifachen Weltmeisters zu sein. Zwischenzeitlich hatte die CONMEBOL den erst 1979 beschlossenen Vierjahresrhytmus zugunsten eines Zweijahressystems aufgeben. Erstmals war der Titelverteidiger nicht automatisch dabei; qualifizierten sich die beiden jeweils Gruppenbesten für das Halbfinale. Wie schon bei den drei vorherigen Heimturnieren sicherte sich die „seleção“ auch diesmal den Gesamtsieg. Die ewige Copa-Rekordkulisse von 170.000 Zuschauern im Maracanã-Stadion feierte Romário als Schütze des goldenen Tores beim 1:0 über Uruguay.
1991 Argentinien
6.-21.7.1991. Chile (Concepción, Santiago, Valparaíso, Viña del Mar)
Nachdem die Copa ihre größte Krise überstanden hatte, stieg das Interesse sowohl in Südamerika als auch weltweit wieder spürbar an. Fast 2.000 Journalisten waren akkreditiert, als es im Juli 1991 in Chile erneut um die seit Einstellung der „British Home International“ älteste Nationentrophäe der Welt ging. Argentinien beendete seine 32-jährige Durststrecke und sicherte sich mit einem 2:1 über Kolumbien erstmals seit 1959 wieder die Kontinentalmeisterschaft, die zudem mit der Qualifikation zum neuen Konföderations-Cup der FIFA verbunden war.
1993 Argentinien
15.6.-4.7.1993, Ecuador (Ambato, Cuenca, Guayaquil, Machala, Portoviejo, Quito)
1993 wurde zur Geburtsstunde der „modernen“ Copa América. Zum einen wurde das heutige System mit Vorrundenspielen und einer Finalrunde auf K.-o.-Basis eingeführt, zum anderen öffnete die CONMEBOL den Wettbewerb auch für Teams aus dem benachbarten CONCACAF-Gebiet (Nord- und Mittelamerika, Karibik). Mexiko und die USA weiteten das Teilnehmerfeld in Ecuador auf zwölf Mannschaften aus. Während die USA enttäuschten, erreichte Mexiko das Finale, in dem sich Argentinien – zuvor sowohl gegen Brasilien als auch Kolumbien glücklicher Sieger im Elfmeterschießen – durch zwei Treffer von Gabriel Batistuta mit 2:1 durchsetzte und mit 14 Titeln zum neuen Rekordsieger wurde. Gastgeber Ecuador begeisterte mit einer glanzvollen Vorrunde (drei Spiele, drei Siege) und einem 3:0 im Viertelfinale gegen Paraguay, ehe er im Halbfinale an Mexiko scheiterte.
1995 Uruguay
5.-23.7.1995. Uruguay (Maldonado, Montevideo, Paysandú, Rivera)
Die eindrucksvolle Serie setzte sich fort: war Uruguay Ausrichter des Copa-Turniers, so hieß der Sieger am Ende Uruguay. 60.000 Fans waren im Estadio Centenario dabei, als sich die Gastgeber um Enzo Francescoli im Elfmeterschießen gegen Brasilien durchsetzten. Sehr zur Freude der uruguayischen Regierung, die das Turnier finanziell massiv unterstützt hatte. Zum Überraschungsteam avancierte die US-Auswahl, die ein Jahr nach dem überzeugenden Auftritt bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land bis ins Halbfinale vordrang.
1997 Brasilien
11.-29.6.1997. Bolivien (Cochabamba, La Paz, Santa Cruz de la Sierra, Sucre)
1996 hatte die FIFA angeregt, Spielstätten, die höher als 2.500 Meter liegen, für internationale Spiele zu sperren. Das war jedoch nicht durchzusetzen, und so ging die Reise der zwölf Teams (darunter Debütant Costa Rica) u.a. in das auf 3.640 Metern gelegene La Paz. Diverse Mannschaften reisten nur mit Reserveteams an, was vornehmlich an der zeitlichen Konkurrenz der erstmals im Ligasystem bestrittenen WM-Qualifikation lag, die der Copa America den Rang abgelaufen hatte. Im Finale standen sich der überraschend starke Gastgeber Bolivien und die mit den WM-Helden Taffarel, Cafú, Roberto Carlos und Dunga bestückte brasilianische „seleção“ gegenüber. Trotz 45.000 enthusiastischer Heimzuschauer waren die Hausherren um Marco Etcheverry beim 1:3 chancenlos und verpassten ihren zweiten Copa-Sieg nach 1963.
1999 Brasilien
29.6.-18.7.1999. Paraguay (Asunción, Ciudad del Este, Luque, Pedro Juan Caballero)
Zum dritten Mal fungierte Paraguay als Ausrichter, und ungleich 1924 bzw. 1953, als man das Turnier aus logistischen Gründen jeweils an andere Länder übergab, rollte der Copa-Ball diesmal auch tatsächlich auf paraguayischem Boden. Brasilien dominierte von der ersten bis zur letzten Minute, gewann alle sechs Spiele und schoss 17 Tore, während man nur zwei Gegentreffer zuließ. Im Gegensatz dazu Uruguay, das sich mit lediglich einem Sieg bis ins Finale durchmogelte. Dort stieß die „celeste“ vor 30.000 Zuschauern in Asunción beim 0:3 gegen Brasilien an ihre Grenzen. Mit Japan nahm erstmals ein Team von einem anderen Kontinent teil. Schlagzeilen schrieben Argentiniens Martín Palermo, der beim 0:3 gegen Kolumbien gleich drei Elfmeter verschoss, sowie der Kolumbianer Johnnier Montaño, der mit 16 Jahren 5 Monaten und 147 Tagen als jüngster Copa-Debütant in die Annalen einging.
2001 Kolumbien
11.-29.7.2001. Kolumbien (Armenia, Barranquilla, Bogotá, Cali, Manizales, Medellín, Pereira)
Nie zuvor war ein Austragungsort so umstritten wie beim 40. Turnier, das entsprechend des Rotationsprinzip in Kolumbien über die Bühne gehen sollte – einem Land, das für seine notorischen Sicherheitsprobleme berüchtigt war. Entführungen und Terrorattacken der FARC beschäftigten auch die Fußballfunktionäre, und zeitweise schien es, als müsse das Turnier nach Venezuela verlegt werden. Unter strengsten Sicherheitsbedingungen ging es dann, begleitet von 30.000 Polizisten, aber doch wie geplant über die Bühne, wobei allerdings ein wichtiges Zugpferd fehlte: Argentinien. Nachdem man Morddrohungen bekommen hatte, verkündete Landesverband AFA 24 Stunden vor der Eröffnungsfeier die Absage, und Honduras sprang mit einer kurzfristig zusammengetrommelten Mannschaft ein. Auch die eingeladenen Kanadier verzichteten, was Costa Rica die Teilnahme bescherte. Das sportliche Niveau war schwach. „Was ich gesehen habe hat mich enttäuscht“, bekannte Argentiniens WM-1986-Trainer Carlos Bilardo nach der Vorrunde. Am Ende standen sich mit Brasilien und dem von Altstar Faustino Asprilla angeführten Gastgeber die stärksten Teams im Endspiel gegenüber, sicherte sich Kolumbien mit einem 1:0 über Mexiko als erstes Team aus dem Norden die Trophäe.
2004 Brasilien
6.-25.7.2004. Peru (Arequipa, Chiclayo, Cusco, Lima, Piura, Tacna, Trujillo)
Dass sich die Copa América in ein Turnier verwandelt hatte, bei dem die Teilnehmer ohne allzu großen Erfolgszwang experimentieren und die Gastgeber nachhaltig in die Infrastruktur investieren konnten, zeigte auch die 41. Ausgabe in Peru. Die sieben Spielstätten waren über das gesamte Land verteilt, und zur hohen Anteilnahme der Bevölkerung trug ein unterhaltsamer Turnierverlauf mit einem hohen spieltechnischen Standard bei. Dafür war vor allem Argentinien verantwortlich, das dummerweise jedoch bereits im Viertelfinale auf Gastgeber Peru traf. Ohne die verletzten Leistungsträger Claudio Pizzaro und Flavio Maestri sowie den gesperrten Jefferson Farfan unterlagen die Hausherren mit 0:1. Das Endspiel zwischen Argentinien und Brasilien bescherte den 43.000 Zuschauern in Lima eine dramatische Schlussphase. Nach dem 2:1 durch César Delgado in der 87. Minute sah sich Argentinien bereits als Sieger, als Adriano in der Nachspielzeit noch der Ausgleich gelang und die „seleção“ im anschließenden Elfmeterschießen die besseren Nerven zeigte.
2007 Brasilien
26.6.-15.7.2007. Venezuela (Barinas, Barquisimeto, Caracas, Ciudad Guyana, Maracaibo, Maturín, Mérida, Puerta La Cruz, San Cristobál)
Endlich kam die Copa América auch mal nach Venezuela, womit die 1986 eingeführte Veranstalter-Rotation erstmals durchlaufen war. Ein perfekter Zeitpunkt für die traditionelle Baseball-Hochburg, denn deren Fußball-Auswahl hatte zuletzt in der WM-Qualifikation mehrfach Aufsehen erregt. Auch organisatorisch war das Land bestens gerüstet und sorgte mit neun Austragungsstätten, die anschließend dem heimischen Fußball auf die Sprünge helfen sollten, für einen neuen Rekord. Auch sportlich glänzte der Gastgeber um Juan Arango, der erstmals in seiner Copa-Geschichte die Vorrunde überstand und im Viertelfinale höchst unglücklich an Uruguay scheiterte. Im Finale standen sich einmal mehr Brasilien und Argentinien (erstmals bei einer Copa mit Lionel Messi) gegenüber. Der körperbetonte und auf Effizienz ausgerichtete Fußball von „seleção“-Coach Carlos Dunga führte zwar einerseits zu gleich 37 Freistößen zugunsten Argentiniens, war aber nicht zuletzt dank des frühen Führungstores durch Julio Baptista nach nur vier Minuten erfolgreich. Am Ende stand ein 3:0 und damit Brasiliens vierter Sieg in fünf Copa-Turnieren seit 1997.
2011 Uruguay
11.-29.7.2011. Argentinien (Buenos Aires, Córdoba, La Plata, Mendoza, Salta, San Juan, San Salvador de Jujuy, Santa Fe)
Nachdem die seit der WM 2010 auf der Erfolgswelle schwimmenden Uruguayer Gastgeber Argentinien bereits im Viertelfinale aus dem Turnier geworfen hatten, war die Luft etwas raus aus der 43. Copa América. Zumal sich das Favoritensterben nicht auf den Gastgeber beschränkte, sondern auch Brasilien, Chile sowie Kolumbien bereits nach dem Viertelfinale vorzeitig abreisen mussten. Uruguay nutzte die Gunst der Stunde und sicherte mit einem ungefährdeten 3:0-Finalsieg über Paraguay seinen 15. Copa-Triumph, womit die „celeste“ aktuell Rekordsieger ist. Zur großen Überraschung wurde Außenseiter Venezuela, der bis ins Halbfinale vordrang, wo man Paraguay erst im Elfmeterschieden unterlag. Ärger gab es um die Gastmannschaften. Eigentlich sollte erneut Japan teilnehmen, verwarf dies aber nach dem Erdbeben und dem verheerenden Tsunami. Spanien indes wollte nicht kommen, weil die Sommerpause in Europa wegen der EM 2012 ohnehin zu kurz war, und die schließlich nach Argentinien gereisten Costa Rica sowie Mexiko traten lediglich mit Rumpfkadern an.
2015 Chile
11.6.-4.7.2015. Chile (Antofagasta, Concepción, La Serena, Rancagua, Santiago de Chile, Temico, Valparaíso, Viña del Mar)
Gemäß der Veranstalter-Rotation wäre Brasilien an der Reihe gewesen. Wegen der WM 2014 und den Olympischen Spielen 2016 tauschte man jedoch sein Austragungsrecht mit Chile, das für 2019 vorgesehen war. Eine große Chance für Chile, das schon an der ersten Copa América 1916 teilgenommen hatte und noch immer auf den ersten Turniersieg wartete. Der argentinische Trainer Jorge Sampaoli wusste um den Erfolgsdruck, hatte aber mit Europalegionären wie Claudio Bravo, Gary Medel, Marcelo Diaz und Alexis Sanches sowie Shootingstar Arturo Vidal ein hoffnungsvolles Team beisammen, das im Wesentlichen aus jenen Akteure bestand, die 2007 bei der U20-WM mit Chile Dritter geworden waren. Abermals gab es Diskussionen um die eingeladenen „Gastmannschaften“: Japan verzichtet, China sagte zunächst zu, nahm dann aber wegen der WM-2018-Qualifikation doch Abstand. So kam Jamaika zu seinem Copa-Debüt, das mit drei Niederlagen in drei Spielen endete. Mit Chile und Argentinien zeichneten sich frühzeitig die Finalisten ab, zumal Paraguay Titelverteidiger Brasilien bereits im Viertelfinale ausschaltete. Das Endspiel vor 45.693 Fans im Estadio Nacional wurde zum Langweiler, der erst im Elfmeterschießen entschieden wurde. Zur grenzenlosen Freude und Erleichterung der heimischen Fans hatte ihre Elf immerhin das glücklichere Ende für sich, weil Higuain und Ever Banega verschossen. Chile hatte seinen Copa-Bann gebrochen!
Dieser Text stammt aus Ausgabe #05
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