KURZ Geschichte

Das Duell der alten Pokalschrecks

Von Christopher Frank

Die Liste der Sensationen im DFB-Pokal ist lang – alljährlich wird sie in der Regel um mindestens einen weiteren Außenseitersieg erweitert. Und dennoch sind es nur wenige Pokalcoups, die sich in den Köpfen der Fans wirklich festgesetzt haben. Fallen jedoch die Ortsnamen Vestenbergsgreuth, Sandhausen, Weinheim oder Eppingen, weiß nahezu ganz Fußball-Deutschland alsbald Bescheid.

Während sich Sandhausen längst im Profifußball etabliert hat, ist es vielen anderen Pokalschrecks nicht gelungen, langfristig von ihrem Coup zu profitieren. Der TSV Vestenbergsgreuth ist nur noch Teil der großen Fürther Spielvereinigung, der einstige Stammgast in der Oberliga Baden-Württemberg, FV 09 Weinheim, existiert ebenfalls nur noch als Beiwerk des einstigen Lokalrivalen TSG 1862. Dessen Fußballabteilung nennt sich seit der Eingliederung des FV zwar TSG 62/09, lässt die Historie der „Nullneuner“ aber gefühlt links liegen.

Und Eppingen? Nach dem Überraschungssieg (2:1) gegen den damaligen Bundesliga-Spitzenreiter Hamburger SV am 26. Oktober 1974 ging es für den Oberligisten zunächst steil bergauf. 1980 gelang sogar der Aufstieg in die 2. Bundesliga Süd! Anschließend aber ging es nicht minder rapide bergab. Seit nunmehr 30 Jahren pendelt der VfB zwischen der siebtklassigen Landesliga und der sechstklassigen Verbandsliga, wo die Elf von Trainer Christian Schweinfurth aktuell auf Platz zehn rangiert.

Fußballromantiker oder Nostalgiker bekommen bei etlichen Duellen der Verbandsliga Baden feuchte Augen. Neben den Zweitvertretungen des SV Waldhof und des FC-Astoria Walldorf sind hier etwa der frühere Regionalligist SV Spielberg und der FC Zuzenhausen am Start – wenngleich Zuzenhausen wohl eher als Heimatort des Hoffenheimer Nachwuchsleistungszentrums bekannt ist. Ganz zu schweigen vom VfR Mannheim als früherem Deutschen Meister (1949). Und auch der VfL Kurpfalz Neckarau (früher schlicht VfL Neckarau) zählte einst zu den fußballerischen Aushängeschildern im Südwesten Deutschlands. Hinzu kommt erwähnte TSG 1862/09 Weinheim, die seit der erwähnten Fusion 1997 allerdings das Schicksal der Eppinger als Fahrstuhlmannschaft teilt. Da auch Neckarau ums sportliche Überleben im höherklassigen Amateurfußball kämpft, kommen bei den direkten Duellen nur bedingt Nostalgiegefühle auf. Kampf und Krampf sind in der Regel angesagt, die Zuschauerzahlen sind trotz der namhaften Klubs nur selten dreistellig.


Bestes Beispiel hierfür: Das Duell zwischen der TSG 1862/09 Weinheim und dem VfB Eppingen am vergangenen Samstag. Der Elfte empfängt den Zehnten, beide Vereine brauchen dringend drei Punkte, um sich von den Abstiegsrängen weiter zu entfernen. Spannung scheint vorprogrammiert. Und dennoch verirren sich gerade einmal 90 Zuschauer an jenen Ort, an dem im Sommer 1990 Thomas Schwechheimer mit einem präzise getretenen Foulelfmeter Raimond Aumann im Kasten des FC Bayern düpierte.

Wobei: Nicht einmal der Rasenplatz des altehrwürdigen Sepp-Herberger-Stadions darf an diesem Nachmittag bespielt werden, die Tribüne bleibt ebenso verwaist. Stattdessen messen der Oberligameister von 1988 und Bayern-Schreck Weinheim sowie der einstige Zweitligist und HSV-Killer Eppingen ihre Kräfte auf dem künstlichen Grün nebenan. Da passt es ins Bild, dass auch das Wetter nicht mitspielt. Dunkle Wolken hängen über dem Weinheimer Sportgelände, nur ab und an blinzelt die Sonne hindurch. Dazu weht ein böiger Wind.

Wer darauf gehofft hatte, dass die 22 Akteure auf dem Kunstrasen die äußeren Umstände vergessen lassen, der wird bitter enttäuscht. „Das war kein gutes Spiel von beiden Mannschaften. Viel Gebolze und noch mehr unsaubere Aktionen“, urteilt TSG-Coach Marcel Abele, der selbst noch vor wenigen Jahren in der Regionalliga Südwest am Ball war, nach der 1:2-Niederlage seiner Mannschaft. Das niveauarme Spiel habe keinen Sieger verdient gehabt, wettert er. Chancen aus dem Spiel heraus kann man dann auch an einer Hand abzählen. Blöd nur, dass die eigene Elf letztlich aber einen Fehler mehr gemacht hat als der Gegner.