ZEITSPIEL Geschichte. Ausgabe #20
Ist es Liebe?
Fußball und Identität
„Du kannst deine Frau wechseln, deine Religion wechseln, deine Politik wechseln aber niemals, wirklich niemals, kannst du deinen Lieblingsverein wechseln!“ (Eric Cantona)
(Von Hardy Grüne)
Nichts drückt die Essenz der Gefühle vieler Fans zu ihrem Verein wohl so passend aus wie Eric Cantonas legendärer Kultspruch: „Du kannst deine Frau wechseln, deine Religion wechseln, deine Politik wechseln aber niemals, wirklich niemals, kannst du deinen Lieblingsverein wechseln!“ Mit seinem Klub ist man auf Gedeih und Verderb verbandelt. Er gehört zur eigenen Identität. Früher betraf dies alle Beteiligten, also auch Spieler und Funktionäre, heute quasi nur noch Fans. „Spieler kommen und gehen, Fans bleiben“, heißt es gerne. Nick Hornby hat diese Schicksalsgemeinschaft in „Fever Pitch“ mit einem Satz auf die Spitze getrieben, der ebenfalls zum Kulturgut wurde: „Du suchst Dir nicht Deinen Verein aus, sondern Dein Verein sucht sich Dich aus.“
Aber stimmt das wirklich bzw. noch? In einer Zeit, in der Kinder und Jugendliche ihren Verein nicht mehr nach örtlichen Präferenzen und an der Hand des Vaters oder der Mutter auswählen, sondern über die Präsenz in den Medien? Real Madrid kommt auf 111 Millionen Follower bei Facebook und gilt als der beliebteste Fußballklub weltweit. In Deutschland sammeln die Bayern und der BVB landesweit die meisten Fans an, und es dürfte zig Mittelstädte überall in der Republik geben, in denen die Bayern fantechnisch Nummer 1 sind – weit vor dem lokalen Klub. Kriterien der Lieblingsvereinswahl sind nicht Zugänglichkeit und Erreichbarkeit, sondern Erfolg und Präsenz. Was macht das mit der Verbindung zwischen Fan und Klub? Zieht ein Bayern-Fan aus Vorpommern, der zwar eine Fahne im Garten hat, die Spiele seines Vereins aber bestenfalls im TV sieht, tatsächlich Identität aus dieser Verbindung? Oder ist es nicht schlicht Konsum und Markenbindung?
Arsenal-Fan Nick Hornby hat diese Frage 2001 zehn Jahre nach Erscheinen von „Fever Pitch“ in einem Gespräch mit dem „Spiegel“ für sich geklärt: „Ich gehe zwar noch immer zu jedem Heimspiel, aber die Bindung zwischen Club und Fan ist zerbrochen. (…) Jedes Jahr ändert sich die Mannschaft. Man weiß nie, wie lange ein Spieler bleibt. Fußball ist ein Geschäft geworden. Der Fan ist nur noch Betrachter, nicht mehr Teilnehmer wie früher. Der aktuelle Fußball ist zwar 20-mal besser, aber er ist mehr Entertainment und weniger Leidenschaft. Ins Stadion zu gehen ist heutzutage vergleichbar mit einem Kinobesuch.“ Möglicherweise kann man seinen Lieblingsverein also nicht wechseln, ihn aber verlieren. Eine Erfahrung, die in der Corona-Zwangspause einige vermeintlich auf ewig mit ihrem Klub verbandelte Fans machten. Kann Fußballidentität also enden, oder ist es eine Liebe auf ewig?
(ANZEIGE)
Hardy Grünes Rad-Reisebericht durch das Fußball-Land Albanien und seine einzigartige Vergangenheit. Unter den Kommunisten war Fußball der König im abgeschotteten Land, bei der Revolution 1990 dann einer der entscheidenden Faktoren
Wer bin ich und wenn ja wie viele?
Philosoph Richard David Precht veröffentlichte 2008 ein Buch mit dem irritierenden Titel „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“ Die Suche nach der eigenen Identität ist ein großer Markt, auf dem sich Quacksalber ebenso wie Verfasser seriöser Studien tummeln. Es ist eine alte Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Schon Hermann Hesse stellte einst, wie Precht, nüchtern fest „Ich, eine gespaltene Persönlichkeit? Ich bin ein ganzes Bündel an Persönlichkeiten!“ und schrieb mit dem „Steppenwolf“ gleich das passende Buch dazu. Dass wir als soziale Wesen vielschichtig ausgerichtet sind ist eine anerkannte Tatsache. Zugleich brauchen wir aber Haltepunkte. Anker auf dieser wilden und manchmal rauen See, die sich Leben nennt. Früher war es die Kirche, der Glauben. Unerschütterlich, auch wenn jemand kam und behauptete, die Erde sei eigentlich eine Kugel und keine Scheibe. Für die Verteidigung der (Glaubens-)Identität gab es dann auch schon mal Scheiterhaufen, auf denen die Zweifelnden dem ultimativen Wahrheitstest unterzogen wurden. Überlebt hat ihn keiner.
Mit der modernen, „zivilisierten“ Welt wurde es friedlicher um die Frage der Identität, aber auch komplexer. Denn heute gibt es viele Ebenen der Identität. Neben der ethnischen und persönlichen die familiäre, die lokale, regionale, nationale, globale, die moralische, kulturelle und die konfessionelle, um nur die wichtigsten zu nennen. Identität ist Manipulationen ausgesetzt, sie kann durch Zahlung von Bestechungsgeldern „angepasst“ werden und sie hat eine schreckliche Wucht, wenn populistische Hetzer auf die passenden Knöpfe drücken. So wie zwischen 1933 und 1945 in Deutschland, in den 1990er Jahren auf dem Balkan oder beim furchtbaren Genozid in Ruanda.
Identität ist schwer greifbar und doch zentral für die Orientierung und Positionierung im Leben. Fußballfans haben das große Glück, mit ihrem Verein einen Anker zu haben, der dabei hilft. Wie man zu ihm findet – oder ob er nach Hornby „zu einem findet“ – ist Gegenstand hitziger Diskussionen. Passen muss er jedenfalls. So wird ein Neonazi wohl kaum dem Charme des FC St. Pauli verfallen, stehen einige Vereine in Verdacht, überproportional viele politisch randständige Anhänger anzulocken. Ein gefährliches Interpretationsfeld, in dem es keine absolute Wahrheit gibt und die von allerlei Vorurteilen geprägt ist.
Identität kann zudem zerbrechen. Der Schriftsteller Saša Stanišić, geboren und aufgewachsen in Bosnien, beschäftigt sich in seinem preisgekrönten Roman „Herkunft“ auch mit seiner Fußball-Liebe zu Roter Stern Belgrad. Die war 1991 auf dem Weg ins Landesmeisterfinale in Bari, wo sie den größten Erfolg der jugoslawischen Vereinsfußballgeschichte feiern sollte. Just in dem Jahr, in dem Jugoslawien zerbrach und in einem an ethnischer „Identität“ festgemachten Bürgerkrieg geriet. Stanišić hat es miterlebt und schreibt in „Herkunft“ u. a. über das Halbfinale gegen Bayern München im März 1991. Damals stand es kurz vor Schluss 1:2, und es drohte die Verlängerung: „Vielleicht hätten die Bayern dann die besseren Beine und Ideen gehabt, um es ins Finale zu schaffen. Vielleicht wäre dann überhaupt alles anders gekommen, der Krieg nicht nach Bosnien, ich nicht zu diesem Text. Das 2:2 habe ich nicht gesehen. Zu diesem Zeitpunkt – es lief die 90. Minute – standen alle, das ganze Stadion stand, vielleicht stand sogar das ganze Land das letzte Mal hinter einer Sache.“ Roter Stern gewann anschließend den Landesmeisterpokal. Dann zerbrach das Team, die jugoslawische Nationalmannschaft, Jugoslawien, jugoslawische Identität. „Roter Stern ist heute eine Mannschaft mit zahlreichen rechtsradikalen, aggressiven Fans“, schreibt Stanišić, und dass er seinen rot-weißen Schal zwar mit nach Deutschland genommen habe, aber „Ich weiß nicht, wo er heute ist“. Stanišić hat seine fußballerische Identität verloren, weil jene ihre Identität veränderte.
Ebenen der Identität
Werden wir kurz wissenschaftlich und fragen: Was ist Identität und wozu dient sie? In der Soziologie wird dies gerne mit einer ebenso simplen wie komplexen Gegenfrage beantwortet: Wer bin ich? Das wiederum ist nur auf den ersten Blick eine individuelle Frage. Zugleich ist es auch eine soziale, die sich auf Gruppen und Zugehörigkeit bezieht. Die Soziologie unterscheidet zwischen individueller Identität („ich“) und gesellschaftlicher Identität („wir“). Beide stehen nebeneinander und miteinander; ergeben zusammen „die Identität“. Dabei wirken auch äußere Umstände wie Wohnort, Bildungsniveau der Ausgangsfamilie, finanzieller Background, gesellschaftliche Entwicklungsprozesse, politisches Umfeld etc. Und es können sich bisweilen widersprüchliche Bilder ergeben. So kann der Harz-VI-Empfänger durchaus Bayern-Sympathisant sein, obwohl dieser Verein von seinem sozialen und wirtschaftlichen Umfeld gar nicht passend erscheint. Wirksam ist die Sehnsucht nach Zugehörigkeit zu einer erfolgreichen und beliebten Gruppe, um die eigene Identität aufzuwerten.
In diesem Rahmen des gesellschaftlichen „Wir“ entwickelt sich das individuelle „Ich“, das in archaischen Gesellschaften, wo es ums Überleben als Gemeinschaft ging, übrigens deutlich weniger Bedeutung hatte und Raum einnahm als in heutigen, individualisierten und modernen Gesellschaften. In den alten Ständegesellschaften ohne freie Berufswahl war ein Nachdenken über die persönliche Identität nicht nur unnötig sondern sogar bedrohlich, weil es den einzwängenden Rahmen bewusst werden ließ. Erst mit Zunahme der Wahlfreiheiten rückte das „Ich“ mit seinen spezifischen Wünschen ins Zentrum, gestalteten Menschen ihr gesellschaftliches „Ich“ selbst. Man wurde zum CDU- oder Grünen-Wähler, weil es die politische oder moralische Heimat war, ernährte sich vegetarisch, wurde Anti-Alkoholiker, lebte Sexualität im konservativen Mainstream oder anrüchig in Freiheit.
Und suchte Gemeinschaften, Gruppen, Bündnisse, Vereine, die zum eigenen Weltbild passten.
Basis: Gemeinsamer Konsens
Voraussetzung dafür sind gemeinsame Leitbilder und Ziele. Also grob gesagt: Dinge, die antreiben, Leidenschaft produzieren und Anerkennung verschaffen. So konnte aus dem aus einem konservativen Turnverein hervorgehenden FC St. Pauli die Galionsfigur der alternativen Szene werden. Das wiederum lockte weitere Sympathisanten an, die ihre Identität mit der Wahl des passenden Fußballklubs ergänzen wollen - wozu man im Fall von St. Pauli übrigens noch nicht einmal Fußballfan sein muss. Auch Ablehnung schafft Anerkennung. Bayern-Fans ziehen viel Stolz aus dem ständigen Spott, sie seien ja doch nur Erfolgsfans und Klatschpappen.
Zentral für das Ausleben der Identität ist die Interaktion mit Gleichgesinnten sowie Symbolik: Der gemeinsame Stadionbesuch, die Vereinsfarben, das Wappen, das Stadion, die Geschichte bzw. Tradition, die Rituale am Spieltag. Dazu kommen die Spannung erzeugende Zugehörigkeit zu einer Seite im Wettkampf sowie die daraus resultierende Belohnung (Sieg, Meisterschaft, Pokalgewinn) bzw. Leidenserfahrung (Niederlage, Pokalaus, Abstieg). Auf einer „Seite“ stehen lässt einen die eigene Identität spüren. Ganz im Sinne Herbergers, der gesagt haben soll: „Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.“
Konkurrenz zwischen „Interessengruppen“ (also Vereinen) waren von Anfang an zentraler Bestandteil des Fußballs. Dazu gehörte auch die Frage nach dem „richtigen“ Fußball. Als „football“ um 1874 nach Deutschland kam, war es eigentlich Rugby. Um 1890 spaltete sich die Footballgemeinde in Rugby und Fußball, setzte sich Fußball durch, wurde Rugby zum Randsport. Nach der Jahrhundertwende entstanden landesweit Fußballvereine, die unterschiedliche Gruppen im Fokus hatten: Akademiker, Bürgerliche, Volksschüler; später auch Arbeiter. Zentrales Element im Fußball war seine einfache Zugänglichkeit und Teilhabe. Das galt auch konkret örtlich, denn bis in die 1960er Jahre konnte man aktiver Fußballzuschauer eigentlich nur im eigenen Wohnort sein. Mit dem Fernsehen brach das dann auf, wurde auch die Identifikation mit einem Verein aus der Ferne möglich. Heute kann man sich mit nahezu jedem Verein von überall aus passiv verbinden, ohne in direktem Kontakt bzw. Austausch stehen zu müssen. Die beliebtesten Fußballklubs in China beispielsweise sind nicht die nationalen Teams, sondern Manchester United, Juventus Turin und Real Madrid. Triebfeder ist der Wunsch nach Verbindung mit der Klubtradition, mit der man sich identifizieren möchte.
Fußball ist also lokal aufgebrochen, und muss man nicht mehr vor Ort sein, um seine Fanidentität zu leben. Zugleich ist er vor dem Hintergrund der exzessiven Kommerzialisierung der letzten Dekade zu einer Bühne geworden, auf der Identität stärker denn je nach außen getragen wird. Das zeigt sich insbesondere auf Ultra-Ebene, wobei ausgerechnet Ultras Klubidentität allerdings weitestgehend ersetzt haben durch die in ihren Augen wertvollere Identität mit der Gruppe, der Stadt und der Region. Sie wenden sich ab vom Objekt der Liebe, hinterfragen dieses sogar kritisch und schaffen sich eine eigene Ebene, über die ihre Unterstützung mit dem kritisch begleiteten Fußballunternehmen wieder stimmig wird. Es ist Folge der Entfremdung vieler Fans im kapitalgetriebenen Glitzerfußball, die zeigt, wie fragil und auch fragwürdig Identität im Fußball ist. Denn die Verbindung zum geliebten Fußballverein zu hinterfragen kann bedrohlich für die eigene Identität sein und unterbleibt daher häufig oder wird idealisiert.
Fußballfans sind sogar in der Lage, beim Lieblingsklub über eigene moralische oder ethische Grenzen zu springen. So löste das Gebaren des Millionengeschäfts Profifußball in der Frühphase der Corona-Pandemie bei vielen langjährigen Fans zwar eine erste zaghafte Bereitschaft für die Auseinandersetzung mit dem Zustand des „Profigeschäfts“ aus, doch als der Spielbetrieb fortgesetzt wurde, ging man rasch über zur Normalität. Andere wiederum realisierten, dass die Solidargemeinschaft „Verein“ im Profifußball eigentlich gar nicht (mehr) existiert. Nicht wenige langjährige Fans haben sich daraufhin erstmals konkret mit dem Gedanken vertraut gemacht, dass sie vor allem als zahlende (passive) Kunden betrachtet werden und der Illusion einer Gemeinschaft anhängen.
Vereinsidentität: Vorstellung Realität
Auch zeigte sich während des Lockdowns bei einigen Klubs eine Spaltung der „Identitätsgemeinschaft Verein“. Besonders deutlich wurde dies bei Schalke 04, einem Klub, der traditionell über eine besonders ausgeprägte Verbindung mit seinen Fans verfügt. Im Zuge der Finanzkrise des Klubs und der Diskussion um Aufsichtsratschef Tönnies entzweite sich die Fangemeinde, warf die eine Seite der jeweils anderen vor, keine „wahren Schalker“ mehr zu sein. In der Definition „wahrer Schalker“ wiederum spielt Loyalität eine zentrale Rolle. Im Zweifel steht für viele Fans Loyalität über Kritik, darf Kritik dann nicht angebracht werden, wenn sie das gemeinsame Objekt der Identität in Zweifel zieht. Denn das wird als Aufgeben der gemeinsamen Geschichte mitsamt dem Erbe früherer Generationen für den als „Einheit“ interpretierten Verein empfunden. Am Beispiel Schalke kommt eine Identifikation mit der Bergbauvergangenheit von Stadt, Verein und Fans hinzu, die im Jahre 2020 pure Folklore ist, dessen ungeachtet aber mit emotionaler Inbrunst inszeniert wird. Wenn 50.000 gut situierte Menschen, die bestenfalls mal das Bergwerkmuseum in Bochum besucht haben und von denen viele irgendwo im Sauer- oder Münsterland ihr Einfamilienhaus haben, mit glühendem Herzen „Der Steiger kommt“ intonieren zeigt sich, wie fragwürdig ein kommerzielles Profifußballunternehmen als Identitätsobjekt ist.
Identität = Heimat?
Die großen und fanattraktiven Fußballunternehmen unterstützen die Bindung ihrer Fans (resp. zahlenden Kunden) durch geschicktes und emotionales Marketing. Die Bayern haben das mit ihrem Slogan „Mia san mia“ ebenso perfektioniert wie Borussia Dortmund mit „Echte Liebe“, einer fast snobistischen Überhöhung gegenüber der Konkurrenz, die indirekt unterstellt, dass es anderswo eben keine „Echte Liebe“ ist. Derlei Identitäts-Klammern scheinen heute umso mehr notwendig, denn wo sich früher Menschen mit unterschiedlichem Background konkret im Stadion trafen und kurzzeitige Zweckgemeinschaften bildeten, ist Fußball-Identität in der globalisierten Welt eben auch eine künstliche geworden.
Kommen wir abschließend noch einmal zurück zu den Ultras, die längst den nächsten Schritt gegangen sind und ihre Identität nicht mehr, wie bereits erwähnt, über den als „kühles“ Wirtschaftsunternehmen empfundenen Verein erzeugen, sondern über die eigene Gruppe und eine Art glorifizierter Lokalidentität. Schalke ist in diesem Sinne nicht mehr Schalke 04 sondern Gelsenkirchen und damit „Heimat“. Ein ebenso zentraler wie komplexer Begriff, der in der Vergangenheit oft missbraucht wurde.
Die Bedrohung der Identität „Fußballgemeinschaft“ ist im Übrigen auch über die Vereinsgrenzen hinaus zu erleben – im Sinne von „In der Sache vereint, in den Farben getrennt“. Schon in den 1990er Jahren hieß es aus den Fankurven „Holt euch das Spiel zurück“, womit suggeriert wurde, dass der Fußball einst den Fans gehörte und von irgendjemandem – in diesem Fall dem „Kapital“ – entwendet wurde.
Wir-Identität ist eben oft ein Konstrukt, das einer näheren und vor allem kritischen Betrachtung nicht zwingend standhält.
Identität
Vom mittellateinischen „identitas“, Abstraktum zu lateinisch „idem“ = derselbe.
Bezeichnet die Gesamtheit der Eigentümlichkeiten, die eine Entität, einen Gegenstand oder ein Objekt kennzeichnen und als Individuum von anderen unterscheiden. Wird auch zur Charakterisierung von Personen verwendet. Psychologisch und soziologisch steht dabei im Vordergrund, welche Merkmale im Selbstverständnis von Individuen oder Gruppen als wesentlich erachtet werden.
Liebe
Vom mittelhochdeutschen „liep“ (Gutes, Angenehmes, Wertes), als Bezeichnung für stärkste Zuneigung und Wertschätzung. Ein starkes Gefühl mit der Haltung inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person oder Personengruppe, die den Zweck oder den Nutzen einer zwischenmenschlichen Beziehung übersteigt und sich in der Regel durch eine entgegenkommende tätige Zuwendung des anderen ausdrückt. Das Gefühl von Liebe kann jedoch unabhängig davon entstehen, ob es erwidert wird oder nicht.
Identifikation
Abgeleitet vom lateinischen „idem“ (derselbe) und facere (machen), wörtlich übersetzt „gleichsetzen“. In der Psychologie bezeichnet der Begriff einen innerseelischen Vorgang, der identitätsstiftend ist. Menschen sind einerseits in der Lage, sich mit anderen Menschen zu identifizieren, andererseits aber auch mit Gruppen, einer Organisation, einer Religion oder Weltanschauung zu verbinden. Das zu kann zur Ideologiebildung beitragen.
Loyalität
Vom französischen Loyauté (Anständigkeit), das auf das lateinische lex (Gesetz, Vorschrift, Gebot, Vertrag, Bedingung) zurückgeht und in Abgrenzung zu Treue, Unterwerfung und Gehorsam auf gemeinsame moralische Maximen basiert bzw. von einem Vernunftinteresse durch innere Verbundenheit geprägt ist. Loyalität bedeutet, im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles die Werte (und Ideologie) des Anderen zu teilen und zu vertreten. Auch dann, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt - solange dies der Bewahrung des gemeinsam vertretenen höheren Zieles dient .
Dieser Text stammt aus Ausgabe #20
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