Der neue Shootingstar im US-Fußball

Von Daniel Merkel

In San Diego wird ab 2025 Fußball in der MLS angeboten. Daniel Merkel war für Zeitspiel vor Ort und hat sich schon mal umgehört und umgeschaut.


Der Superstar der Fußball-Szene im südkalifornischen San Diego ist eine Frau. Alex Morgan, 34-jährige Vollblutstürmerin, erzielt ihre Tore sowohl für die US-amerikanische Nationalmannschaft als auch für das Team San Diego Wave FC. Demnächst könnte die Angreiferin, die mehr als 200 Länderspiele für die USA bestritten hat, in der eigenen Stadt ihren exponierten Status von einem männlichen Kicker-Kollegen streitig gemacht bekommen. Lionel Messi, der zu David Beckhams Club Inter Miami wechselt, wird es zwar nicht sein, aber irgendein anderer bekannter Name könnte in naher Zukunft durchaus auf der San-Diego-Fußball-Landkarte erscheinen. 

Ab 2025 gibt es in San Diego nämlich nicht nur erstklassigen Frauenfußball zu sehen, sondern auch Männer-Soccer auf höchstem nationalem Niveau. Die Millionen-Stadt im äußersten Südwesten des Landes wird in zwei Jahren einen Club in der Major League Soccer (MLS) stellen.  

Um im US-amerikanischen Profisport in höchste Sphären zu gelangen, bedarf es bekanntlich keines sportlichen Aufstiegs wie hierzulande, sondern in erster Linie finanzkräftiger Investoren. Und diese wurden jetzt in San Diego gefunden: Der ägyptische Milliardär Mohamed Mansour und der Sycuan-Zweig des seit Urzeiten in der Region San Diego angesiedelten Kumeyaay-Stammes erklärten ihre Bereitschaft, eine Organisation auf die Beine zu stellen, die als 30. Mitglied ins MLS-System eingegliedert wird. 

MLS-Commissioner Dan Garber geriet bei der offiziellen Präsentation des MLS-Newcomers ins Schwärmen: „Heute ist es endlich soweit. Es gab in den vergangenen Jahrzehnten so viele Momente, als wir ganz nahe dran waren, San Diego in die MLS aufzunehmen. Das Timing hat jedoch einfach nicht gepasst. Aber unser Interesse hat in all den Jahren nie nachgelassen und endlich sind unsere Träume jetzt wahr geworden. Allen, die an San Diego als MLS-City geglaubt haben, spreche ich meinen Dank aus.“

Wie aus einem Bericht der San Diego Union-Tribune hervorgeht, bedurfte es letztlich der Lizenzgebühr-Rekordsumme von 500 Millionen Dollar, um in den illustren Kreis der MLS-Teams aufgenommen zu werden. Wobei an Geld offensichtlich kein Mangel herrscht. So konnte neben Mohamed Mansour und dem Sycuan-Stamm, der kräftig im Casino- und Hotel-Geschäft verdient, unter anderem Baseball-Star Manny Machado als weiterer Eigner gewonnen werden. Der Third Baseman hat unlängst bei den „San Diego Padres“ einen 350 Millionen Dollar schweren Elf-Jahresvertrag unterschrieben.

Die weiteren von der MLS vorgegebenen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Fußball-Unternehmen sind – neben der finanziellen Ausstattung – in „America‘s finest city“ ebenfalls vorhanden. So gibt es in der angesagten kalifornischen Metropole nach dem Umzug des lokalen Football-Teams „Chargers“ nach Los Angeles lediglich noch die „Padres“ in der Major League Baseball, die – mit mäßigem Erfolg - in einer populären amerikanischen Top-Sportliga aktiv sind. 

Im nagelneuen 35.000 Zuschauer fassenden Snapdragon-Stadion (das Beton-Ungetüm Qualcomm-Stadium musste dafür weichen) steht seit Kurzem eine hochmoderne Spielstätte zur Verfügung. 

Auch die Fan-Basis erscheint solide. So zahlten bereits am Tag der Aufnahme-Ankündigung des neuen MLS-Teams 5.000 Supporter 18 Dollar, um sich das Vorkaufsrecht für Dauerkarten zu sichern. In diesem Zusammenhang sehen Beobachter den Zeitpunkt des MLS-Einstiegs als perfekt für die Gewinnung potenzieller Anhänger an: 2026 findet die WM in den USA, Mexiko und Kanada statt, was das allgemeine Interesse am US-Fußball weiter steigern sollte. 

Zudem hat San Diego auch eine ordentliche Fußball-Tradition aufzuweisen. Neben dem Wave FC ist bei den Männern der Loyal SC von Ex-Bayern-München-Profi Landon Donovan in der USL Championship, der zweithöchsten Liga, vertreten. Einige Jahrzehnte liegt es zurück, als die San Diego Sockers eine gewisse Euphorie in der Mexiko-nahen Stadt am Pazifik entfachten. 

Dies im Übrigen mit deutscher Beteiligung. So stand einst im Sockers-Tor der Ex-Herthaner Volkmar Groß, der 1970 ein Länderspiel für Deutschland bestritt, später dann allerdings im Bundesliga-Bestechungsskandal eine unrühmliche Rolle spielt. Auch Bernd Gersdorff, der 1980 ein Kurz-Gastspiel in San Diego absolvierte, trug einmal das DFB-Trikot. Die Bundesliga-erfahrenen Franz Krauthausen und Heinz Stickel machten am Ende ihrer Karriere Station im sonnigen San Diego. Eine bekannte Größe im Badischen war Harald Heck, der aus der Jugend des Karlsruher SC hervorgegangen ist und danach für den FC Rastatt 04, SV 08 Kuppenheim, 1. FC Pforzheim und SC Pfullendorf spielte. Weitere Akteure wie Gert Wieczorkowski, der vor seiner US-Zeit für den FC St. Pauli und Rot-Weiß Essen im Einsatz war, verdienten ebenfalls ihr Geld in Kalifornien. Die bekanntesten Socker-Kickers waren derweil der Pole Kazimierz Deyna und der Mexikaner Hugo Sanchez, der 1979/80 für San Diego spielte, ehe er in Spanien bei Atletico und Real Madrid richtig Karriere machte.

Bleibt noch die Frage nach dem Namen, unter dem das neue MLS-Team an den Start geht. Die Auswahl ist dabei – untypisch für den auf Show und Spektakel ausgelegten US-Sport - allerdings nicht sehr groß. Wie die Verantwortlichen ankündigten, soll das Kind entweder „San Diego Football Club“ oder „Football Club of San Diego“ heißen. Nun ja, es sind ja noch zwei Jahre Zeit, vielleicht fällt den Damen und Herren doch noch etwas Originelleres ein. Um einiges griffiger hört sich da der Slogan an, unter dem das Projekt ab sofort „nationwide“ beworben wird: „Let‘s kick it. San Diego‘s newest pro team is here.“ 

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