Das Drama um den Red Star FC

Von Joachim Henn

Der Red Star FC gehört zu den traditionsreichsten Fußballklubs in Frankreich. Unter seinen Mitgründern war der langjährige FIFA-Präsident Jules Rimet. Wir haben die Geschichte des Klubs ausführlich behandelt in Band 3 der ZEITSPIEL Legenden: Fußballvereine.

Und Christoph Heshmatpour schreibt in
"Bienvenue en Banlieue Rouge" von seinem Jahr als Austauschstudent in Paris, als er sein Herz an den chronisch kriselnden Klub aus der grauen Vorstadt Saint Ouen verlor.

Aktuell steht der Klub in einem Konflikt um einen umstrittenen Investor und die damit verbundene Frage der Mehrfachbeteiligung. Joachim Henn, der für Christoph Heshmatpours erwähntem Buch die Geschichte des Stadion "Bauer" schrieb, bringt uns auf den aktuellen Stand der Dinge


Während auf der sportlichen Ebene das Rennen um den Aufstieg in die 2. Liga allmählich in die heiße Phase geht, kommt der Klub innerlich nicht zur Ruhe. Der Konflikt zwischen einem nicht unerheblichen Teil der Fans und dem Präsidenten, Patrice Haddad, schwelt, seitdem dieser den Red Star FC vor etwa einem Jahr an den Private Equity Fonds “777 Partners” verkauft hat. Haddad steht dem Klub zwar weiterhin vor, ist aber vom neuen Eigentümer eingesetzt, und wohlgelitten beim Publikum sind beide nicht. Der eine, weil sein Konzept, sich viele europäische Fußballklubs einzuverleiben und dabei eher intransparent vorzugehen, auf Argwohn und Ablehnung stößt. Der andere, weil er sich nach etlichen vorausgegangenen Querelen ausgerechnet mit dem in Miami angesiedelten Fonds auf einen Verkauf einigte, während andere Übernahmeinteressenten den örtlichen Gegebenheiten, Befindlichkeiten und der Identität von Red Star mutmaßlich eher entsprochen hätten.

 

Dazu kommt ein neuer Konflikt mit dem französischen Fußballverband. Aus Protest gegen den Vereinsverkauf an den ungewollten Neueigentümer provozierten Teile der Fans gegen Ende der vergangenen Saison einen Spielabbruch, der eine Heimspielsperre für zwei Partien nach sich zog. In der laufenden Saison wurden die Kameras des Bezahlsenders Canal+ während der Live-Übertragung der Partie gegen Dunkerque im November 2022 derart von Laserpointern heimgesucht, dass die Übertragung zur Farce geriet und der Sender die (Heim-)spiele des Klubs seitdem meidet. Von Verbandsseite zog dies eine weitere Strafe nebst Heimspielsperre für zwei Partien nach sich – und eine Bewährung, in der sich der Klub auch heute noch befindet.

 

Beim Stadionbau geht es dagegen voran, die letzte der drei alten Tribünen wird im Herbst abgerissen, während hinter dem Tor an der Südseite des Stadions erstmals seit Jahrzehnten wieder eine schmale Tribüne errichtet wurde. Der Spielbetrieb ist bei laufendem Umbau sichergestellt, allerdings ist das Collectif Red Star Bauer, vom Verein unabhängiger Zusammenschluss von Fans und beteiligt als Mitglied des Steuergremiums für den Stadionumbau, fortlaufend engagiert wenn es darum geht, Faninteressen beim Neubau auch gegen Widerstände durchzusetzen. So konnte unter anderem gesichert werden, dass der Fanblock deutlich größer ausfallen wird als zunächst vorgesehen. Außerdem sicherte das Collectif mit Unterstützung aus dem Rathaus die Namensgebung des Stade Bauer gegen das erklärte Interesse des Klubs, die Namensrechte vermarkten zu können. Nicht zuletzt aus diesem Konflikt, so wird gemutmaßt, resultierte der Verkauf des Red Star FC durch den verärgerten Eigentümer an den in Miami angesiedelten Private Equity Fonds.

Ein Jahr als Austauschstudent in Paris. Doch statt an Louvre und Co. verlor  Christoph Heshmatpour  sein Herz an einen chronisch kriselnden Fußballverein aus der grauen Vorstadt St. Ouen.

Band 3 unserer Buchreihe zu Legendären Fußballvereinen. Unter anderem mit einem großen Porträt des Red Star FC und seiner langen Geschichte.  

Fußball lebt von der Interaktion zwischen Spielern, Funktionären und Vereinen sowie dem Publikum. Wir blicken zurück auf die Geschichte von Fußball und Protest.