KLARTEXT
Raus mit den Zeitspielern!
Von Hardy Grüne
(10. März 2023)
Seid ihr auch so oft genervt von dem ständigen Zeitspiel und Reklamieren, das offenbar zum „Modernen Fußball“ dazugehört. Ich meine nicht Teams, die sich hinten reinstellen, auf 0:0 spielen und auf Konter hoffen, wobei ihnen jedes Mittel recht ist. Die gehören zum Fußball, und es liegt in der Verantwortung des Gegners, dieses Bollwerk zu brechen. Ich meine diese kleinen Unsportlichkeiten, die enorm zugenommen haben. Beispiel: Zweikampf. Der Schiedsrichter gibt Freistoß. Der Spieler der gegnerischen Mannschaften tritt den Ball im Weggehen nochmal weg. Oder schnappt ihn sich und marschiert ein paar Meter weiter, ehe er ihn wegwirft. In der Regel passiert seitens der Unparteiischen nichts.
Auch häufig zu sehen: Reklamieren. Jüngst sah ich mal wieder einen Fall in der dritten englischen Profiliga, als ein Spieler gelbwürdig foulte und sich anschließend im Neymar-Style vor dem Schiedsrichter aufbaute und lautstark lamentierte, weil der auf Freistoß entschieden hatte. Kurz darauf nutzte derselbe Spieler einen winzigen Körperkontakt zu einem spektakulären Sturz und forderte anschließend mit derselben Geste den Schiedsrichter auf, nun aber Gelb oder am besten gleich Rot zu zeigen.
Dinge, die zum heutigen Fußball gehören. An die wir uns längst gewöhnt haben. Und die das Spiel kaputtmachen. Ich jedenfalls ärgere mich zunehmend über solche Vorfälle oder auch Torhüter, die fast eine Minute brauchen, ehe sie endlich einen Abschlag ausführen. Manchmal wird schon wenige Minuten nach dem Anpfiff das ganze Potpourri des Zeitschindens aufgefahren. Mir vergällt das die Lust am Fußballschauen.
Womit wir bei der Frage sind, welche Vorstellung vom Fußball die heutige Trainer-/Spielergeneration eigentlich hat. Häufig wird ihr ja vorgeworfen, abgehoben und selbstsüchtig zu sein. Das passt zur ohnehin immensen Überhöhung des Fußballs in allen möglichen Dimensionen. Ist der wachsende Narzissmus auf dem Feld also möglicherweise eine logische Konsequenz des rücksichtslosen Fußball-Business? Denn dessen Kernwert ist Geld. Dabei ist Fußball im Kern noch immer schlicht ein sportlicher Wettstreit, bei dem, sorry für diese Plattitüde, „der Bessere“ gewinnt (oder manchmal auch der Glücklichere bzw. der Geschicktere) und zu dem es Respekt von beiden Seiten braucht - um jetzt nicht dieses moralingeschwängerte Wort "Fairness" zu benutzen.
Ändern könnten es die Schiedsrichter bzw. zuvor ein angepasstes Regelwerk. Soweit ich mich erinnere, wurde Ballwegschlagen in den 1980er Jahren noch stets konsequent mit Gelb bestraft. Und damals geschah es zumeist aus der Emotion des Moments heraus, während es heute ein taktisches Psychospielchen ist. Es könnte ganz einfach sein. Ball wegwerfen: Gelb. Nochmal Ball wegwerfen: Rot. Reklamieren: Gelb. Ich bin sicher, das Spielerpersonal würde sich binnen kurzem an das neue Reglement gewöhnen und das Problem wäre gelöst.
Vielleicht braucht es dazu eine weitere Strafstufe zwischen Gelb und Rot, denn natürlich ist Ballwegschlagen nicht mit einer Grätsche von hinten zu vergleichen. Ein gutes Vorbild gibt der Handball ab, wo es mit der Zwei-Minutenstrafe ein perfektes Lösungsmittel gibt. Der Spieler muss raus, die eigene Mannschaft wird geschwächt. Im Handball wirft niemand den Ball nach einem Freistoßpfiff weg, und Zeitspiel ist den Regeln zufolge gar nicht möglich.
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