KLARTEXT
Gott auf Insta
Hardy Grüne
(1. November 2023)
Was für eine Schmierenkomödie! Per Instagram verkündet FIFA-Präsident Infantino den Gastgeber der WM 2034. Wohlgemerkt nicht auf dem offiziellen FIFA-Kanal, sondern auf seinem eigenen.
Deutlicher kann man nicht machen, wer die Hosen anhat im Hauptquartier des Weltfußballs. Lassen wir mal alle Fragen nach Menschenrechten etc. außen vor, da gelten wir hier in Deutschland ja ohnehin kritischer als anderswo, bleibt immer noch die Farce einer Vergabe, die mit einem offenen Wettbewerb so gar nichts zu tun hatte. Erst der Coup mit der WM 2030 auf drei Kontinenten und in sechs Ländern, dann die Bestätigung, dass 2034 zwingend in Asien und Ozeanien stattfinden muss und schließlich Indonesiens Beschluss, statt 2034 gemeinsam mit Australien auszurichten lieber gleich Saudi-Arabien zu unterstützen. Es geht offenkundig nur um Geld und Macht.
Offiziell wird Saudi-Arabien das Turnier Ende 2024 zugesprochen bekommen. 2024, nicht 2023! Also in rund 14 Monaten. Gemäß den Reformen der „neuen FIFA“ nach dem Ende der Blatter-Ära muss der Kongress über die Vergabe entscheiden. Von wegen Transparent und so. Hindert Infantino nicht, über seinen Instagram-Kanal schon mal seine Buddys in Riad und die „größte Show der Welt“ zu feiern.
Klar, die eigentliche Vergabe ist nur noch Formsache, weil es keinen weiteren Bewerber gibt. Australien ließ seine Bewerbung, für die man nach dem Beschluss über die Sechs-Länder-WM 2030 lediglich 25 Tage Zeit hatte, mit dem doppelbödigen Satz „Wir sind nach Berücksichtigung aller Fakten zu dem Schluss gekommen, uns nicht für die WM 2034 zu bewerben“ schließlich fallen. Ob wir jemals „alle Fakten“ erfahren werden? Wie beispielsweise die bei zahlreichen Reisen saudischer Vertreter in möglichst kleine Länder beschlossenen „Grundsatzvereinbarungen“ über die „fußballerische Zusammenarbeit“ genau aussehen?
Die Fußballwelt, auch die Teile, die sich „demokratisch“ nennen, scheint wie gelähmt zu sein vom glatzköpfigen Halbgott Infantino und den von ihm gesteuerten Prozessen, die sich in den Hinterzimmern des Weltfußballs abspielen. Faktisch ist die FIFA längst ein Interessenverband – allerdings nicht im Sinne von „for the good of the game“. Es wird Zeit, das endlich zur Kenntnis und sich zu entscheiden, ob man Infantinos Entscheidungen weiter ergeben abnickt oder doch mal aufsteht. Und mindestens geht, wenn man schon nicht protestiert.
Bei der Vergabe der WM 2022 nach Katar konnte man Verbänden, Funktionären und Fans noch eine gewisse „Überrumpelung“ und „Überforderung“ zugestehen. Davon kann nun keine Rede mehr sein. Denn die FIFA handelt transparent und für jeden sichtbar.
#PreventSaudiArabia2034NOW
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