KLARTEXT
Aufsteiger SSV Ulm 1846 entlässt seinen Trainer
Dietrich Schulze-Marmeling
(12. März 2025)
In der Kaderwertetabelle der 2. Bundesliga belegen Ulm, Münster und Regensburg die letzten Plätze, Ulm den drittletzten. Wobei die Differenzen zwischen diesen drei Teams sehr gering sind. Regensburgs Kaderwert liegt ca. 50.000 Euro über dem der Preußen, Ulms ca. 280.000 über dem der Regensburger.
Der Kaderwert von Braunschweig, ebenfalls im Abstiegskampf, ist hingegen schon ca. 6,5 Mio. Euro höher als der der Ulmer, die Differenz zur SpVgg Greuther Fürth beträgt sogar über 8 Mio. Auch kassieren Ulm, Regensburg und Münster die wenigsten TV-Gelder.
Ulm war ein „Sensationsaufsteiger“, wie auch Preußen Münster. Beide stiegen als Drittliganeulinge in die 2. Bundesliga auf, da war also nichts geplant.
Solche Aufsteiger haben es in der Regel sehr schwer. Auch weil sie nun nachholend eine ganze Palette mit Aufgaben gleichzeitig bewältigen müssen (gilt weniger für Regensburg), auch neben dem Spielfeld die Voraussetzung für die neue Liga schaffen müssen. Realistisch betrachtet musste man beim Saisonstart sagen: Ulm, Münster und Regensburg sind die heißesten Abstiegskandidaten. Erhalten sie die Klasse, dann ist das eine riesige Leistung.
Das Problem sind in einer solchen Situation häufig die Vorstandsetagen. Mit dem Aufstieg steigen die Erwartungen und der Hang zur Selbstüberschätzung. Die 2. Bundesliga ist im Vergleich zur 3.Liga eine dermaßen andere Welt, wer sie einmal erlebt hat, der will sie nicht mehr hergeben. Was gestern noch eine Sensation war, wird nun zu einer Selbstverständlichkeit – nur ohne ein ausreichendes Fundament.
Weshalb „Sensationsaufsteiger“ gut daran tun, einen Plan B in der Tasche zu haben. Vor gut 1½ Jahren ging es für Ulm und Münster noch darum, sich das Niveau eines gut aufgestellten Drittligisten zu erarbeiten – nicht nur sportlich, sondern auch strukturell und infrastrukturell.
Plan B müsste also lauten: Wir nutzen das Jahr in der 2. Liga, um uns in jeder Hinsicht weiterzuentwickeln. Und nehmen dabei auch noch ein bisschen Geld mit. Das Ergebnis: Der Verein, der nun in die 3. Liga zurückkehrt, ist ein ganz anderer als der, der diese ein Jahr zuvor verlassen hat. Auf stabiler Basis nimmt man nun die Rückkehr in die 2. Liga ins Visier – in die man dann ein, zwei oder drei Jahre später mit einer deutlich professionelleren Aufstellung einzieht als beim letzten Mal. Dieses Mal bleibt es nicht bei einem „Bonus-Jahr“.
So aber wird nun ein Mann, der maßgeblich zum Aufstieg von der vierten in die zweite Liga beigetragen hat (und damit auch zu einem Statusgewinn der Vorständler und Aufsichtsräte) kurzerhand entlassen. Die Zahl der "Aufstiegshelden", die ein halbes Jahr nach ihrem Triumph entlassen wurden, ist auffallend groß. Von den wenigsten kann man behaupten, sie seien der neuen Herausforderung nicht gewachsen gewesen, weil halt nur Dritt- und keine Zweitligatrainer.
Wer als Trainer aufsteigt, darf sich folglich nur kurz freuen. Denn mit dem ersten Spieltag in der neuen Saison und Liga beginnt sein Stuhl zu wackeln.
Der SSV Ulm 1846 hat zehnmal unentschieden gespielt. Darunter waren sicherlich auch Remis, die aus Sicht der Ulmer eher unglücklich waren. Hätte Ulm in zwei von diesen zehn Spielen ein Tor mehr geschossen, stünde der SSV auf einem Nichtabstiegsplatz.
Ich schreibe das hier alles unter Vorbehalt. Möglicherweise gab es ja tatsächlich gute Gründe für die Trennung von Thomas Wörle. Gelesen habe ich sie noch nicht. Und der Trainer genießt einen exzellenten Ruf.
ZEITSPEL-Ausgabe #38.
Platzverhältnisse
"Entscheidend ist auf dem Platzt", wusste schon Sepp Herberger. In unserer Ausgabe #38 kümmern wir uns um Platzverhältnisse, und was alles damit zusammenhängt.